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kommt, wird er vielleicht eine Million gewinnen. Nun wohl, mein
lieber Herr, der Tagelöhner Taboureau, ein braver, gefälliger,
umgänglicher Bursche gewährte jedem, der ihn darum anging,
eine Hilfeleistung; doch in dem Maße, in dem sein Gewinn
wuchs, ist Monsieur Taboureau prozeßsüchtig, rechthaberisch und
geringschätzig geworden. Je reicher er wurde, desto mehr packte
ihn der Geiz. Sobald der Bauer aus einem reinen Arbeitsleben
zum geruhsamen Leben übergeht oder zu Landbesitz kommt, wird
er unerträglich. Es gibt eine halb tugend-, halb lasterhafte, halb
wissende, halb unwissende Klasse, die stets die Verzweiflung der
Regierungen bilden wird. Den Geist dieser Klasse werden Sie ein
wenig an Taboureau kennenlernen, einem anscheinend simplen,
selbst unwissenden Mann, der aber, sobald es sich um seine
Interessen handelt, sicherlich tief ist.«
Das Geräusch eines dröhnenden Schrittes kündigte die Ankunft
des Saatgutverleihers an.
»Kommen Sie herein, Taboureau,« rief Benassis.
Vom Arzte so vorbereitet, prüfte der Major den Bauern und sah in
Taboureau einen mageren Mann mit etwas krummem Rücken und
einer sehr faltigen, gewölbten Stirn. Dies runzlige Gesicht schien
von kleinen grauen, schwarzgefleckten Augen wie durchbohrt zu
sein. Der Wucherer hatte einen zusammengekniffenen Mund und
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sein spitziges Kinn versuchte sich mit einer ironisch gebogenen
Nase zu vereinigen. Seine hervorstehenden Backenknochen
zeigten jene sternförmigen Fältchen, die das Wanderleben und die
List der Roßtäuscher anzeigen. Seine Haare endlich wurden
bereits grau. Er trug ein ziemlich sauberes blaues Wams, dessen
viereckige Taschen von seinen Hüften prall abstanden, und dessen
offene Schöße eine weißgeblümte Weste sehen ließen. Er blieb in
guter Haltung stehen und stützte sich auf einen Stock mit dickem
Knopf. Trotz Jacquottes Einspruch folgte dem Samenhändler ein
kleiner Stöberhund und legte sich bei ihm nieder.
»Nun, was gibt's?« fragte ihn Benassis.
Taboureau schaute die unbekannte Persönlichkeit, die mit dem
Arzte zu Tisch saß, mit mißtrauischer Miene an und sagte:
»Es handelt sich um keinen Krankheitsfall, Herr Bürgermeister;
doch Sie wissen die Schmerzen der Börse ebensogut zu heilen wie
die des Leibes, und ich möchte Sie einer kleinen Schwierigkeit
wegen, die wir mit einem Manne in Saint-Laurent haben, um Rat
fragen.«
»Warum gehst du nicht zum Herrn Friedensrichter oder zu seinem
Kanzlisten?«
»Ei, weil Monsieur sehr viel geschickter ist, und ich in meiner
Angelegenheit viel sicherer gehen würde, wenn ich seine
Billigung haben könnte.«
»Mein lieber Taboureau, meine ärztlichen Konsultationen erteile
ich den Armen gern gratis, umsonst kann ich die Prozesse eines
Mannes, der so reich ist wie du, nicht prüfen. Wissen zu sammeln,
ist sehr kostspielig.«
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Taboureau fing an, seinen Hut zu drehen.
»Wenn du meine Ansicht hören willst, weil es dir schwere
Groschen, die du den Gerichtsleuten in Grenoble zahlen müßtest,
ersparen soll, wirst du der Frau Martin, jener, die die
Hospitalkinder aufzieht, einen Sack Roggen schicken.«
»Gewiß, Herr, ich will's gern tun, wenn Ihnen das nötig erscheint.
Kann ich meine Sache vorbringen, ohne den Herrn da zu
langweilen,« fügte er, auf Genestas weisend, hinzu. »Nun also,
Herr,« fuhr er auf ein Kopfnicken des Arztes fort; »vor etwa zwei
Monaten hat mich ein Mann aus Saint-Laurent aufgesucht.
: Taboureau,9 hat er zu mir gesagt, : könntet Ihr mir
hundertsiebenunddreißig Sester Gerste verkaufen?9 : Warum
nicht?9 hab' ich ihm erwidert, : das ist ja mein Beruf. Muß es sofort
sein?9 : Nein,9 hat er mir geantwortet, : zu Frühlingsanfang, im
März.9 : Schön!9 Dann haben wir den Preis beredet und bei
einem Glase Wein abgemacht, daß er sie mir nach dem
Gerstenpreise vom letzten Grenobler Markte bezahlen, und daß
ich sie ihm im März unbeschadet des Speicherverlustes,
wohlverstanden, liefern solle. Aber, mein lieber Herr, die
Gerstenpreise steigen und steigen, kurz meine Gerste wallt in die
Höhe wie eine Milchsuppe. Ich hab' Geld nötig und verkaufe
meine Gerste. Das ist doch ganz natürlich, nicht wahr, Herr?«
»Nein,« sagte Benassis, »deine Gerste gehörte dir nicht mehr, du
warst nur ihr Verwahrer. Und würdest du nicht, wenn die
Gerstenpreise gefallen wären, deinen Käufer gezwungen haben,
sie zum abgemachten Preise abzunehmen?« »Aber, Herr, der
Mann würde mich vielleicht nicht bezahlt haben! Das ist im
Kriege nun mal nicht anders. Der Kaufmann muß den Gewinn
mitnehmen, wenn er sich zeigt. Schließlich gehört einem eine
Ware doch nur, wenn man sie bezahlt hat, nicht wahr, Herr
Offizier; denn man sieht, daß der Herr in der Armee gedient hat.«
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»Taboureau,« sagte Benassis ernst, »dir wird ein Unglück
zustoßen. Gott straft die schlechten Handlungen früher oder
später. Wie kann ein so fähiger, ein so unterrichteter Mann, wie
du es bist, ein Mann, der seine Geschäfte ehrenwert betreibt,
unserem Bezirke Beispiele von Unredlichkeit geben? Wenn du
derartige Prozesse führst, wie willst du dann, daß die Armen
anständige Menschen bleiben und dich nicht bestehlen? Deine
Arbeiter werden dir einen Teil der Zeit, die sie dir schuldig sind,
stehlen, und jedermann wird hier moralisch sinken. Du hast
unrecht. Deine Gerste galt als geliefert. Wenn sie von dem Manne
aus Saint-Laurent fortgeschafft worden wäre, würdest du sie nicht
von ihm zurückgeholt haben. Du hast also über etwas verfügt, was
dir nicht mehr gehörte; nach euren Abmachungen hatte deine
Gerste sich bereits in realisierbares Geld umgewandelt ... Aber
fahre fort ...«
Genestas warf dem Arzte einen Blick zu, um ihn auf Taboureaus
Unbeweglichkeit aufmerksam zu machen. Nicht eine Fiber im
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