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konnte, ihn durchaus in einen bessern Zustand zu versetzen. Man schickte den Kurier
fort, der kaum weggeritten war, als am Abend der Arzt mit einem Fremden hereintrat,
dessen Gestalt und Wesen bedeutend, ernsthaft und auffallend war und den niemand
kannte. Beide Ankoemmlinge schwiegen eine Zeitlang still; endlich ging der Fremde auf
Wilhelmen zu, reichte ihm die Hand und sagte: "Kennen Sie Ihren alten Freund nicht
mehr?" Es war die Stimme des Harfenspielers, aber von seiner Gestalt schien keine
Spur uebriggeblieben zu sein. Er war in der gewoehnlichen Tracht eines Reisenden,
reinlich und anstaendig gekleidet, sein Bart war verschwunden, seinen Locken sah man
einige Kunst an, und was ihn eigentlich ganz unkenntlich machte, war, dass an seinem
bedeutenden Gesichte die Zuege des Alters nicht mehr erschienen. Wilhelm umarmte
ihn mit der lebhaftesten Freude; er ward den andern vorgestellt und betrug sich sehr
vernuenftig und wusste nicht, wie bekannt er der Gesellschaft noch vor kurzem
geworden war. "Sie werden Geduld mit einem Menschen haben", fuhr er mit grosser
Gelassenheit fort, "der, so erwachsen er auch aussieht, nach einem langen Leiden erst
wie ein unerfahrnes Kind in die Welt tritt. Diesem wackren Mann bin ich schuldig, dass
ich wieder in einer menschlichen Gesellschaft erscheinen kann."
Man hiess ihn willkommen, und der Arzt veranlasste sogleich einen Spaziergang, um
das Gespraech abzubrechen und ins Gleichgueltige zu lenken.
Als man allein war, gab der Arzt folgende Erklaerung: "Die Genesung dieses Mannes ist
uns durch den sonderbarsten Zufall geglueckt. Wir hatten ihn lange nach unserer
ueberzeugung moralisch und physisch behandelt, es ging auch bis auf einen gewissen
Grad ganz gut, allein die Todesfurcht war noch immer gross bei ihm, und seinen Bart
und sein langes Kleid wollte er uns nicht aufopfern; uebrigens nahm er mehr teil an den
weltlichen Dingen, und seine Gesaenge schienen wie seine Vorstellungsart wieder dem
Leben sich zu naehern. Sie wissen, welch ein sonderbarer Brief des Geistlichen mich
von hier abrief. Ich kam, ich fand unsern Mann ganz veraendert, er hatte freiwillig
seinen Bart hergegeben, er hatte erlaubt, seine Locken in eine hergebrachte Form
zuzuschneiden, er verlangte gewoehnliche Kleider und schien auf einmal ein anderer
Mensch geworden zu sein. Wir waren neugierig, die Ursache dieser Verwandlung zu
ergruenden, und wagten doch nicht, uns mit ihm selbst darueber einzulassen; endlich
entdeckten wir zufaellig die sonderbare Bewandtnis. Ein Glas fluessiges Opium fehlte in
der Hausapotheke des Geistlichen, man hielt fuer noetig, die strengste Untersuchung
anzustellen, jedermann suchte sich des Verdachtes zu erwehren, es gab unter den
Hausgenossen heftige Szenen. Endlich trat dieser Mann auf und gestand, dass er es
besitze; man fragte ihn, ob er davon genommen habe. Er sagte nein, fuhr aber fort: "Ich
danke diesem Besitz die Wiederkehr meiner Vernunft. Es haengt von euch ab, mir
dieses Flaeschchen zu nehmen, und ihr werdet mich ohne Hoffnung in meinen alten
Zustand wieder zurueckfallen sehen. Das Gefuehl, dass es wuenschenswert sei, die
Leiden dieser Erde durch den Tod geendigt zu sehen, brachte mich zuerst auf den Weg
der Genesung; bald darauf entstand der Gedanke, sie durch einen freiwilligen Tod zu
endigen, und ich nahm in dieser Absicht das Glas hinweg; die Moeglichkeit, sogleich die
grossen Schmerzen auf ewig aufzuheben, gab mir Kraft, die Schmerzen zu ertragen,
und so habe ich, seitdem ich den Talisman besitze, mich durch die Naehe des Todes
wieder in das Leben zurueckgedraengt. Sorgt nicht", sagte er, "dass ich Gebrauch
davon mache, sondern entschliesst euch, als Kenner des menschlichen Herzens, mich,
indem ihr mir die Unabhaengigkeit vom Leben zugesteht, erst vom Leben recht
abhaengig zu machen." Nach reiflicher ueberlegung drangen wir nicht weiter in ihn, und
er fuehrt nun in einem festen, geschliffnen Glasflaeschchen dieses Gift als das
sonderbarste Gegengift bei sich."
Man unterrichtete den Arzt von allem, was indessen entdeckt worden war, und man
beschloss, gegen Augustin das tiefste Stillschweigen zu beobachten. Der Abbe nahm
sich vor, ihn nicht von seiner Seite zu lassen und ihn auf dem guten Wege, den er
betreten hatte, fortzufahren.
Indessen sollte Wilhelm die Reise durch Deutschland mit dem Marchese vollenden.
Schien es moeglich, Augustinen eine Neigung zu seinem Vaterlande wieder
einzufloessen, so wollte man seinen Verwandten den Zustand entdecken, und Wilhelm
sollte ihn den Seinigen wieder zufuehren.
Dieser hatte nun alle Anstalten zu seiner Reise gemacht, und wenn es im Anfang
wunderbar schien, dass Augustin sich freute, als er vernahm, wie sein alter Freund und
Wohltaeter sich sogleich wieder entfernen sollte, so entdeckte doch der Abbe bald den
Grund dieser seltsamen Gemuetsbewegung. Augustin konnte seine alte Furcht, die er
vor Felix hatte, nicht ueberwinden und wuenschte den Knaben je eher je lieber entfernt
zu sehen. [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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